IQNA

Professor Fahid Qurashi:

Verbrennung des Korans in der im Westen stattfindenden Normalisierung der Islamfeindlichkeit verwurzelt

12:13 - April 25, 2022
Nachrichten-ID: 3005980
TEHERAN (IQNA) - Professor Fahid Qurashi glaubt, dass das Verbrennen des Korans in einer seit Jahrzehnten bestehenden Islamophobie und deren Normalisation in westlichen Ländern verwurzelt sei.

Das Anzünden eines Heiligen Korans in Schweden durch einen rechtsextremgerichteten Politiker verletzte die Gefühle der Muslime während des Heiligen Monats Ramadan und wurde von Muslimen weltweit verurteilt.

Um Licht auf diese Angelegenheit zu werfen, hatte IQNA Fahid Quraschi, ein Lehrbeauftragter für Kriminologie an der Universität Salford, Manchester, einige Fragen gestellt.

Hier ist der volle Text des Interviews.

 

IQNA: Ist Redefreiheit eine gute Entschuldigung für die Schändung von Heiligtümern anderer Religionen?

Quraishi: Die Verbrennung des Korans war von Rasmus Paludan, dem Vorsitzenden der dänischen rechtsextremen politischen Partei Strammer Kurs (Stram Kurs), geplant worden. Paludan war 2013 ein fünfjähriges Kontaktverbot aufgrund sozialen Fehlverhaltens auferlegt worden. Er hatte behauptet, dass er schon früher den Koran verbrannt hatte und wollte es in dieser Woche wieder tun, bevor die Veranstaltung aufgrund von Protesten, die sich über ganz Schweden zogen und ihm Angst eingejagt hatten, abgesagt werde.

In einem Video, dass er 2018 auf YouTube gepostet hatte, sagte Paludan, dass es das Beste wäre, wenn Muslime und der Islam von der Erde verschwinden würden. Er ging noch weiter und sagte, wobei er Nazigefühle an die „Endlösungen“ hervorrief, dass wir, nachdem wir die Muslime und den Islam von der Erde weggewischt haben, wir unser absolutes Ziel erreichen.

Seine ermüdente Verteidigung dieses islamfeindlichen Tricks und Bemerkungen sind in den Forderungen nach Redefreiheit hängengeblieben. Dies ist eine freiheitsberaubende, irreführende Forderung, weil Redefreiheit überall legal dadurch begrenzt ist, dass die Ordnung erhalten werden muss. Man kann also nicht freie Rede dazu missbrauchen, um Verbrechen und Unordnung hervorzurufen. Noch wichtiger: Die Essenz der Redefreiheit ist es, dass man Wahrheit über Gewalt spricht und nicht das Recht, verletzbare Minderheiten, welche dämonisiert wurden und seit Jahrzehnten das Ziel von Antiterrorismus- und Einwanderungsrhetorik, Gesetzen und Praktiken in Europa und der weiteren westlichen Welt waren, zu beleidigen und niederzuschlagen.

In diesem Fall hatten Paludan und seinesgleichen die Redefreiheit nicht verteidigt, sondern sie für ihre eigenen politischen Zwecke missbraucht. In den dänischen Nationalwahlen von 2019 war es Paludans Partei Strammer Kurs nicht gelungen, auch nur einen Sitz zu bekommen. Er will sich im Juni 2023 noch einmal bewerben, aber er hat für eine Kanditatur nicht genügend Unterschriften. Das Ende war, dass er während des Ramadans in Schweden Gebiete mit einer hohen muslimischen Bevölkerungsdichte bereiste, um durch die Verbrennung des Korans Islamfeindlichkeit zu schüren  und Unterstützung für seine Kandidatur zu gewinnen.

Diese Art von Praktik ist jetzt in zahlreichen Staaten zu Routine geworden und Politiker verwenden erfolgreich die Idee einer muslimischen Bedrohung, um Wählerstimmen zu gewinnen und die Einführung neuer Gesetze zu rechtfertigen.

IQNA: Wie beurteilen Sie diesen Vorfall aus der Sicht der Menschenrechte?

Qurashi: Eine Verletzung der Menschenrechte liegt nur dann vor, wenn es Beweise für grobe Verletzungen, die massiv, systematisch und anhaltend sind, gibt. Wir können diesen Vorfall unter Islamfeindlichkeit, welche auch Diskrimination am Arbeitsplatz im „Krieg gegen Terrorismus“ einschließt, einordnen. Mit anderen Worten, es sitzt innerhalb eines breiteren Raumes der Islamfeindlichkeit, der systematisiert worden ist und sich schon seit Jahrzehnten in unserer Politik und Kultur hält. Eine solche Vorgehensweise kann die Aufmerksamkeit auf Vorfälle wie diesen lenken, aber wie es eher scheint, kann es genauso von alltäglichen Aspekten der Islamfeindlichkeit und deren Wirkung hinsichtlich Erzeugen von Furcht und eingeschränkter Freiheit, Rechten und Ausdrücken kommen. Schließlich kann der Rahmen der Menschenrechte genauso die Kraft der Unterschiede in Vorfällen hervorheben, wo markierte Gruppen von in der Gesellschaft dominanten Gruppen auf sie zielen.

IQNA: Worin besteht die Verantwortlichkeit muslimischer Länder und Organisationen und auch internationaler Organisationen gegenüber solcher Vorfälle?

Quraishi: Verschiedene muslimische Länder, einschließlich Saudi-Arabien, die Türkei, Ägypten, Kuwait und Jordanien haben Berichte verfasst, worin diese islamfeindlicher Trick verdammt wird. Der Iran und Irak hatten den schwedischen Botschafter einberufen, um sich öffentlichen Beschwerden zu stellen. Es hatte auch einen Protest vor der schwedischen Botschaft in Teheran gegeben. Der Irak ging noch etwas weiter und sagte, dass der Vorfall ernsthafte Rückwirkungen auf die Beziehungen zwischen Schweden und den Muslimen generell , Muslimen und arabischen Ländern und muslimischen Gemeinden in Europa haben könnte.

 IQNA: Wie können muslimische Gemeinden in Schweden und anderen Ländern auf solche Provokationen antworten?

Quraishi: In Schweden hatte es als Antwort auf diesen Vorfall Proteste gegeben, aber unüberraschenderweise hatten die schwedischen Behörden auf eine Weise geantwortet, der es nicht gelang zuerkennen, wie ernsthaft das Verbrennen des Korans für die Muslime ist und hatten Protestierende als Kriminelle verurteilt und konzentrierten sich auf gewaltsame Ausbrüche, um sie zu verklagen. All dies trägt nichts dazu bei, dass man die Gefühle des muslimischen Publikums über diesen Vorfall erkennt.

Abgesehen von Protesten können sich Muslime auf einer Platform organisieren, um diese Tat zu verurteilen und durch ganze Gemeinden hindurch ihre Opposition zeigen (ähnlich wie Muslime es im UK als Antwort auf eine Antiterrorismusstragie der Regierung getan hatten).

IQNA: Einige Beobachter glauben, dass Schweden diesem Vorfall hätte vorbeugen können, da das Land die Geschichte dieser Partei kannte und von der Absicht, den Koran zu verbrennen, wusste. Ist es möglich, dass man das Land und seine Polizei für diesen Vorfall verantwortlich macht?

Quraishi: Wie ich schon vorher sagte, Paludan hatte schon vorher damit angegeben dass er einen Koran verbrannt hatte und gab seine Absichten klar bekannt. Das Problem, Schweden für diese Tat zur Rechenschaft zu ziehen ist, dass Rassismus und Islamfeindlichkeit institutionalisiert und strukturell eingefügt sind, und Schweden bildet hierin keine Ausnahme. Im Zusammenhang mit „Krieg gegen Terrorismus“ hat der Westen in einem Versuch, Krieg und Tod international zu rationalisieren und zu rechtfertigen sowie Antiterrorismus und Immigrationsregeln inländisch zu rationalisieren, Islamfeindlichkeit kultiviert, sich auf sie verlassen und normalisiert. Der kommunikative Effekt der staatlichen Institutionen und Führer, die mit Islamfeindlichkeit hausieren gehen, ist, sie für einen weitere Gesellschaft zu normalisieren. Also entspringt die Taktik der Koranverbrennung aus jahrzehntelanger Islamfeindlichkeit, welche die islamische Lehre mit Terrorismus in Verbindung bringt. Die Lösung ist entweder eine Zähmung des Islams und der Muslime oder mit den Worten von Paludan selbst, eine grundlegende Ausrottung des Islams und der Muslime.

Kurz gesagt, Schweden ist hier aus mehrfacher Hinsicht schuldig und hat nicht nur nicht versucht, diesen Trick abzuhalten.

 

Das Interview führte Mohammad Ali Haqshenas

 

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